Mittwoch, 17. Oktober 2007

Der Sohn einer Freundin der Freundin

Tatzeit 18:15, Tatort lokaler Bus

Ich jubiliere, denn ich habe es wider Erwarten doch noch vom verspäteten Zug auf den lokalen Bus geschafft, bevor dieser die Türen definitiv schloss. Stehen muss ich auch nicht, denn obschon der Bus ziemlich voll ist, gibt es einige freie Sitzplätze und ich setze mich neben einen sehr jungen Sennheiser, welcher dies komplett Hip-Hop-zugedröhnt wahrscheinlich noch nicht mal merkt.

Kaum ist der Bus losgefahren, erklingt hinter uns ein freudiges und busfüllendes "Hey, hoi was machsch denn Du da?". Diese Frage verblüfft mich eigentlich jedes Mal und macht mich hellhörig, denn das verspricht doch einige Pralinen der Kommunikation. Wie auch immer die beiden Damen im mittleren Alter vollbringen ihr Begrüssungsritual und setzen sich gleich hinter mich ins Abteil.

Soweit so gut. Ich schaue etwas gelangweilt aus dem Fenster in die feierabendlich gut besuchte Altstadt hinaus und hänge so meinen Gedanken nach, doch dann bekommt die Stimme der einen Frau einen leicht empörten Ausdruck und ich kann mich nicht dagegen wehren dem Gespräch etwas zu folgen. Es geht eindeutig um den Sohn der Freundin einer Freundin der einen Frau. Könnt ihr folgen? Wenn nein, kurz ein Mindmap zeichnen und weiter gehts. Der besagte Sohn einer Freundin der Freundin dieser Frau sei anscheinend noch nicht mal dreissig Jahre alt. Das scheint auf den ersten Blick noch nicht so interessant, aber die Herleitung hats in sich:

Der Sohn dieser Freundin der Freundin also - nennen wir ihn der Einfachheit halber Heinz - der hat sich vor einiger Zeit von seiner Freundin, nennen wir sie Uschi, getrennt und das war doch sehr drammatisch. Uschi ging nämlich jedes Jahr für einen ganzen Monat wohin, wo der Bruder ein Haus hat. Und da hat doch tatsächlich der Heinz die Uschi in diesem kurzen Monat mit einer anderen Frau betrogen, der gemeine Kerl. Macht man doch nicht... Auf jeden Fall hat er danach seinen Fehler seiner Noch-Freundin gestanden und konnte danach nicht mehr mit ihr zusammensein, denn irgendwie war das einfach nicht mehr das Gleiche wie davor.

Nach der schmerzhaften Trennung kamen dann etliche "Tussis" (Anmerkung des Verfassers: Originalton der Freundin der Freundin) in sein Leben und er merkte bald, was er an Uschi gehabt hat. Da kommt mir doch der Michael Mittermayer in den Sinn: blöd, blöd, blöd; aber lassen wir das.

Auf jeden Fall hat er dann eine gemeinsame Kollegin von sich und seiner Ex-Freundin getroffen und die hat ihm dann erzählt, dass sie demnächst heiraten werde (die Kollegin heiratet und nicht die Ex-Freundin), ihn aber irgendwie nicht einladen könne, da seine Ex-Freundin schon zugesagt habe und es dieser überhaupt nicht gut gehe, da sie ihn immer noch sehr vermisse. Darauf ist der Heinz voll in ein Tief gefallen und hat sich grosse Gedanken gemacht darüber was er gemacht hat und darüber ob er seine Ex-Freundin nicht auch noch vermisse.

Dann passierte aber etwas in seinem Leben und die ganze Situation veränderte sich, denn er lernte eine andere Frau kennen und verliebte sich in sie. Sie sind jetzt schon zwei Monate zusammen und er kann sich sogar vorstellen mit ihr Kinder zu haben, obwohl die neue Freundin schon zwei Kinder hat. Die ist nämlich achtunddreissig Jahre alt und damit rund zehn Jahre älter als Heinz und damit war die Herleitung des Alters von Heinz dann abgeschlossen.

Und ich kam nicht darum herum zu denken, dass ich wahnsinnig glücklich bin, dass die Freundin einer Freundin meiner Mutter im Bus einer Bekannten keine solche Geschichten zu erzählen weiss und kam zum Schluss, dass damit ein weiteres Mal bewiesen war, dass pendeln nicht - wie englische Forscher herausgefunden haben wollen - unglücklich macht.

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